Streitwert eines Beschäftigungsantrags – Nichtbeschäftigung

Ein Antrag auf vertragsgemäße (Weiter)Beschäftigung wird gem. § 48 GKG iVm § 3 ZPO üblicherweise mit einem Brutto-Monatsbezug des Arbeitnehmers bewertet, wenn er lediglich als „Anhängsel“ im Kündigungsschutzverfahren gestellt wird. Wie aber ist es, wenn er isoliert – also ohne Kündigung – im laufenden Arbeitsverhältnis beim Arbeitsgericht geltend gemacht wird, etwa weil der Arbeitgeber über längere Zeit schlicht keine Arbeit zuweist und der Arbeitnehmer deswegen täglich tatenlos im Büro herumsitzt?

Hierzu hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 27.09.2022, Az. 5 Ta 45/22, entschieden, dass der Wert zwei Brutto-Monatsvergütungen betragen könne. Je nach dem Grad der Änderung der Arbeitsbedingungen könne der Wert zwischen einem Brutto-Monatsgehalt bis zur Vierteljahresvergütung reichen. Die Bewertung mit nur einem Brutto-Monatsgehalt bilde die Dimension des Streits um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend ab.

Eine faktische Nichtbeschäftigung könne die Gesundheit und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers erheblich verletzen (so schon LAG BW v. 12.06.2006, Az. 4 Sa 68/05, Schmerzensgeld von 25.000 Euro, ebenso LAG Rheinland-Pfalz v. 5.06.2014, Az. 2 Sa 394/13).

Die bloße Nichtbeschäftigung reiche hier aber noch nicht an den oberen Bewertungsrand von drei Gehältern, wenn keine anderen Bedingungen, wie Arbeitszeit oder Vergütung, geändert würden. Man müsse das „wirtschaftliche Interesse“ des Arbeitnehmers berücksichtigen.

Der LAG-Entscheidung von September 2022 lag eine längere faktische deutliche arbeitszeitliche Unterbeschäftigung nach einer rechtswidrigen Versetzung zugrunde, indem der Arbeitgeber keine zu erledigenden Aufgaben mehr übertrug. Dies empfand die schwerbehinderte Arbeitnehmerin schließlich als derart unfair, dass sie sich veranlasst sah, einen Antrag auf „vertragsgemäße Beschäftigung“ beim Arbeitsgericht zu stellen.

Am 20.12.2022 entschied das LAG BW zum Az. 7 Sa 50/22 weiter, dass ihr dieser Beschäftigungsanspruch – aufgrund der Grundsatzentscheidung des BAG vom 27.02.1985 – GS 1/84 – auch zustehe. Der Arbeitnehmer soll aufgrund seiner Persönlichkeitsrechte auch tatsächlich arbeiten können.

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