Mindesturlaub nach unbezahltem Sonderurlaub?

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen unbezahlten Sonderurlaub für längere Zeit, etwa für die Kinderbetreuung, so hat der Arbeitnehmer dennoch Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. So hatte es das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 6. Mai 2014 (Az. 9 AZR 678/12) entschieden. Voraussetzung für den Urlaubsanspruch sei lediglich das formale Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Auf die Frage, ob zuvor gearbeitet wurde, käme es nicht an.
Diese Sichtweise hat das BAG mit seiner Entscheidung vom 19. März 2019 (Az. 9 AZR 315/17) geändert. Einem Arbeitnehmer, der sich wegen Aufhebung der Hauptleistungspflichten eines Arbeitsvertrages (Arbeit gegen Vergütung) in einem Kalenderjahr durchgehend in unbezahltem Sonderurlaub befinde, stehe mangels Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub für dieses Jahr zu.
Eine ähnliche Frage stellt sich, wenn Kurzarbeit „Null“ vereinbart wird oder jemand in der Elternzeit freiwillig vorübergehend bei einem anderen Arbeitgeber in Teilzeit arbeitet.

Der Europäische Gerichtshof hat am 25.06.2020, Az. C-762/18 (QH / Varhoven, Schule in Bulgarien) und C-37/19 (Iccrea / Banca SpA, italienisches Kreditinstitut), entschieden, dass jemand, der während eines arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Gerichtsentscheidung woanders arbeitet gegen den „Ausgangsarbeitgeber“ keine Urlaubsansprüche bei Prozessgewinn habe, weil die europäische Arbeitszeit-Richtlinie mangels Arbeitsschutzbedürfnis keine „Doppel-Urlaubsansprüche“ verlange. Der Arbeitnehmer könne für diesen Zeitraum seine Urlaubsansprüche nur beim neuen Arbeitgeber geltend machen.

Diese Gedanken können wohl auf die freiwillige anderweitige Tätigkeit in der Elternzeit übertragen werden.

Bei der Kurzarbeit „Null“ scheint die Frage für das deutsche Recht noch ungeklärt. Regelungen enthalten oft eine anteilige Reduktion der Urlaubsansprüche, ähnlich Teilzeitbeschäftigten. Der EuGH scheint dies zu decken, vgl. EuGH v. 8.11.2012, Az. C-229/11 (Heimann / Kaiser GmbH).

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